Schlieffenplan

Schlieffenplan
I
Schlieffenplan,
 
von A. Graf von Schlieffen entwickelter strategisch-operativer Aufmarsch- und Feldzugsplan zur Führung eines Einfrontenkrieges gegen Frankreich beziehungsweise eines Zweifrontenkrieges gegen Frankreich und Russland. Grundgedanke des Schlieffen von 1905 war die Konzentration der Masse des deutschen Feldheeres im Westen bei gleichzeitiger strategischer Defensive im Osten. Operatives Ziel war die Vernichtung des französischen Heeres in wenigen Wochen bei fehlender eigener Überlegenheit; im Fall des Krieges auch gegen Russland sollte anschließend unverzüglich der Schwerpunkt nach Osten verlegt werden. Da ein frontaler Angriff auf den französischen Festungsgürtel zwischen Belfort und Verdun keine Aussicht auf Erfolg bot, sollte das französische Heer durch Umfassung seines linken Flügels umgangen und gegen den Festungsgürtel sowie die schweizerische Grenze gedrückt werden (bei Bruch der belgischen, luxemburgischen und niederländischen Neutralität). Schlieffens Nachfolger, Generaloberst H. von Moltke, modifizierte den Schlieffenplan, ohne vom Grundgedanken abzugehen. So verstärkte er mit zusätzlich zur Verfügung stehenden Truppen den linken Flügel (zum Schutz Elsass-Lothringens gegen eine französische Offensive) und ließ anstelle des Bruches der niederländischen Neutralität die handstreichartige Einnahme der Festung Lüttich vorbereiten. Insgesamt berücksichtigte der Schlieffenplan zwar wichtige Prinzipien der Kriegskunst, litt jedoch an einer grundsätzlichen Fehleinschätzung von Zeit, Raum und Kräften. Der Schlieffenplan war von Bedeutung für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
 
 
G. Ritter: Der S.-Plan. Kritik eines Mythos (1956);
 R.-J. Eibicht: S. Strategie u. Politik. Aus der Unterlegenheit zum Sieg (1991).
II
Schlieffenplan
 
Dieser von dem Chef des Generalstabes der preußischen Armee, Alfred Graf von Schlieffen, 1905 entwickelte Strategieplan für den Fall eines Krieges ging von der Annahme eines Zweifrontenkrieges aus, in den das Deutsche Reich durch die verbündeten Mächte Frankreich und Russland verwickelt werden könnte. Der Plan berücksichtigte die schwierige Situation der deutschen Mittellage, die die deutschen Militärs zwinge, mit dem Großteil der deutschen Streitkräfte in der ersten Kriegsphase durch einen überfallartigen Überraschungsschlag die Armeen Frankreichs auszuschalten, um dann die gesamte Heeresmacht dem russischen Aufmarsch entgegenwerfen zu können. Der Plan, neben dem es eine Alternative nicht gab, war militärtechnisch und strategisch genial, in seinen Auswirkungen aber fatal. Er setzte voraus, dass der deutsche Angriff so früh wie möglich erfolgte, um Frankreich gegenüber den Überraschungseffekt voll auszunutzen. Dazu kalkulierte er von vornherein die Verletzung der Neutralität Belgiens ein. Im ersteren Falle bedeutete dies, dass in der auf den Krieg zusteuernden Krisensituation die Militärs die Politiker drängen würden, den Krieg zu beginnen, noch laufende Verhandlungen abzubrechen, damit die Angriffsoperationen so früh wie möglich gestartet werden konnten. Im Falle der Neutralitätsverletzung Belgiens aber würde Großbritannien mit Sicherheit an der Seite Frankreichs in den Krieg eintreten.
 
Beide negativen Auswirkungen des Planes haben sich in der Julikrise vor Ausbruch des 1. Weltkrieges eingestellt: die deutsche Politik war nicht mehr Herr ihrer Entschlüsse, weil die Generale zum Losschlagen drängten. So wurde das Reich, indem es Russland am 1. August, Frankreich am 3. August als erste Macht den Krieg erklärte, vor der Weltöffentlichkeit zum Aggressor. Die Verletzung der belgischen Neutralität löste erwartungsgemäß den Kriegseintritt Englands aus (4. August). Auch der Überraschungsschlag gelang schließlich nicht, die französischen Armeen konnten vielmehr, unterstützt durch britische Divisionen, den deutschen Vormarsch in der Marneschlacht stoppen und damit zugleich das ganze Konzept des Schlieffenplanes zum Einsturz bringen.

Universal-Lexikon. 2012.

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